Claudia Lienhard

Produkt,- Prozessmanagement und PMO

Bibliotheksstrategie, Customer / Kunden, Projekt

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Bibliotheksangebote in Co-Creation mit Kundinnen und Kunden entwickeln

Mini, Midi oder Maxi? – wie sich Co-Creation pragmatisch in die Angebotsentwicklung an der ETH-Bibliothek einbetten lĂ€sst.

In der Theorie

Co-Creation bezeichnet den Einbezug verschiedener Stakeholder in die Angebotsentwicklung. Die essenzielle Anspruchsgruppe sind dabei die Kundinnen und Kunden. So stellten Prahalad und Ramasawamy, die Co-Creation als Ansatz in den 2000er-Jahren populĂ€r machten, das Zusammenspiel zwischen einer Institution/Firma und ihren Kundinnen und Kunden ins Zentrum. Produkte, Services oder Inhalte co-kreativ zu entwickeln, geschieht mit dem Ziel, optimal auf die KundenbedĂŒrfnisse zugeschnittene Angebote zu schaffen. 

Co-Creation wird als Prozess verstanden, der sich typischerweise von der BedĂŒrfnisanalyse ĂŒber die Entwicklung bis hin zum Launch eines neuen Angebots erstreckt. Kundinnen und Kunden sind in allen Phasen und somit kontinuierlich ĂŒber ein Vorhaben hinweg involviert. Damit unterscheidet sich Co-Creation vom punktuellen Kundeneinbezug, der voneinander unabhĂ€ngige EinzelaktivitĂ€ten beschreibt (wie z. B. ein einzelner Workshop oder Usability-Test). 

In der Praxis

Wie lĂ€sst sich die Theorie in die Praxis an der ETH-Bibliothek ĂŒbertragen? 

An der ETH-Bibliothek legen wir den Fokus ebenfalls auf die Kundinnen und Kunden als Co-Creators, was den Einbezug weiterer Stakeholder nicht ausschliesst. 

Fest steht jedoch, dass der Anspruch, den gesamten Co-Creation-Prozess zusammen mit Kundinnen und Kunden sowie ggf. weiteren Anspruchsgruppen praktizieren zu wollen, die Messlatte sehr hoch legt. So kann es in einem Projekt Phasen geben, in denen ein Kundeneinbezug schlichtweg nur sehr begrenzt möglich ist, da der Handlungsspielraum seitens ETH-Bibliothek eingeschrĂ€nkt ist. Zum Beispiel sind wir bei Plattformweiterentwicklungen hĂ€ufig von Lieferanten oder bei Umbauten von ETH-internen Prozessen abhĂ€ngig. Kundinnen und Kunden in jedem Fall einbinden zu wollen, fĂŒhrt zu einer Alibi-Partizipation und kann im schlimmsten Fall sogar die Kundenbindung schĂ€digen.  

An der ETH-Bibliothek möchten wir Co-Creation deshalb abweichend vom strikten Prozessgedanken als flexiblen und freiwilligen Ansatz im Kontext von Projekten verstehen. Der Ăœbergang vom punktuellen Kundeneinbezug hin zu Co-Creation ist fliessend.

​​​​Von Co-Creation sprechen wir an der ETH-Bibliothek dann, 

  • wenn der Kundeneinbezug eine gewisse KontinuitĂ€t und IntensitĂ€t in einer Phase oder ĂŒber mehrere Phasen eines Projektsoder Vorhabens hinweg annimmt.
  • wenn Kundinnen / Kunden und Bibliothek zusammenarbeiten und Wissen, Erfahrungen, Perspektiven und Ideen zusammenbringen.

Mini, Midi oder Maxi?

Co-Creation-AktivitĂ€ten sollten somit in Bezug auf den Umfang des Kundeneinbezugs auf das jeweilige Projekt angepasst werden und nicht umgekehrt. Als Orientierung bietet sich eine Unterscheidung in aufeinander aufbauende IntensitĂ€tsstufen an – Mini, Midi oder Maxi:

  • Mini: BedĂŒrfnisse und Anforderungen in Co-Creation mit den Kundinnen und Kunden erarbeiten

+

  • Midi: Kundinnen und Kunden sind Teil der Projektorganisation.
    Der Kundeneinbezug geschieht kontinuierlich ĂŒber ein Projekt hinweg mit unterschiedlicher IntensitĂ€t in den einzelnen Phasen.

+

  • Maxi: Kundinnen und Kunden wirken bei der (technischen) Entwicklung und / oder der Inhaltsgenerierung mit.

Die folgende Grafik zeigt eine nicht abschliessend Auflistung von Co-Creation-AktivitÀten nach IntensitÀtsstufen und SPA II Projektphasen:

Die Maxi-Variante entspricht der «Reinform» von Co-Creation – des kontinuierlichen Einbezugs ĂŒber alle Projektphasen hinweg. Doch auch die Mini-Variante ist bereits sehr bereichernd fĂŒr ein Projekt. Das Erarbeiten von BedĂŒrfnissen und Anforderungen gemeinsam mit Kundinnen und Kunden legt ein ideales Fundament fĂŒr den weiteren Projektverlauf. Die BedĂŒrfnisanalyse ist deshalb der essenzielle Teil von Co-Creation. Allen Varianten gemeinsam ist, dass Co-Creation-AktivitĂ€ten bereits in der Initialisierungsphase als Teil der Projektplanung berĂŒcksichtigen werden sollten.

UnterstĂŒtzungsangebote

Wie integriert Ihr Co-Creation-AktivitĂ€ten in Eure Projekte  und Vorhaben? 

  • Anliegen und Fragen zum Thema: Claudia Lienhard (Produkt-, Prozessmanagment und PMO, PPP) und Susanne Schneider(PPP) sind fĂŒr Euch da – von der initialen Beratung, der Rekrutierung von Kundinnen und Kunden bis hin zur methodischen Begleitung Eures Projekts.
  • Co-Creation in SPA II: Da Co-Creation primĂ€r im Kontext von Projekten stattfindet, wurde Co-Creation als in SPA II integriert. Auf der SPA II-Projektplattform findet Ihr zusĂ€tzlich zur oben verlinken SharePoint-Seite eine Anleitung zu Co-Creation in drei Schritten, die u. a. eine Verbindung zwischen Co-Creation-IntensitĂ€t (Mini, Midi, Maxi) und Projektgrösse (S, M, L) herstellt.  

Die Basis fĂŒr die obigen AusfĂŒhrungen ist das unter Beteiliung aller Sektionen durchgefĂŒhrte Pilotprojekt Co-Creation (Laufzeit 2020-2023; Projektleitung Claudia Lienhard, Co-Projektleitung Nicole Graf). Anhand von AnwendungsfĂ€llen aus verschiedenen Fachbereichen der Bibliothek haben wir Erfahrungen mit Co-Creation gesammelt und daraus Massnahmen fĂŒr die Verankerung von Co-Creation in der Angebotsentwicklung an der ETH-Bibliothek abgeleitet. 

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